BVV-Bericht Juli 2015

Zu Beginn der Juli-Sitzung der Spandauer BVV hatte der Vorsteher das Wort: Nach dem Diebstahl eines frisch verlegten Stolpersteins in der Lutherstraße verlas er im Namen aller Bezirksverordneten eine Resolution, in der die Schändung des Gedenksteins auf das Schärfste verurteilt wurde. Der Stolperstein erinnerte an Zilka Salomon, die in der Spandauer Neustadt lebte und wie ihre zwei Kinder 1943 in Auschwitz ermordet wurde. Der Stolperstein soll selbstverständlich neu verlegt werden

Die sich anschließende Behandlung der Anträge verlief ohne größere Überraschungen. Alle Anträge der GAL-Fraktion wurden in die zuständigen Fachausschüsse überwiesen. Die Beratungen finden nach der Sommerpause statt.

Einstimmig gegen Stellenabbau bei Siemens

Alle Fraktionen sowie der Einzelverordnete der Linken stimmten für einen Antrag der CDU, dass sich das Bezirksamt bei Siemens für einen Erhalt von 700 gefährdeten Arbeitsplätzen einsetzen soll. Die GAL rief das Bezirksamt in der Debatte dazu auf, die Potenziale des Gewerbegebietes in Siemensstadt zu nutzen, um andere Firmen anzusiedeln und dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen.

CDU-Stadtrat nimmt Allergien auf die leichte Schulter

Ganz offensichtlich wenig Verständnis hatte der für Umwelt zuständige CDU-Bezirksstadtrat bei einer GAL-Anfrage zu allergieauslösenden Straßenbäumen. Auf die Frage, inwieweit bei der Bepflanzung von Straßen darauf geachtet wird, dass nicht ausschließlich stark allergene Bäume verwendet werden, erklärte er dozentenhaft, dass jeder Straßenbaum allergieauslösend sein kann. Bei der Auswahl der Bäume kann auf individuelle Allergieprobleme keine Rücksicht genommen werden. Der Bezirksstadtrat versäumte es aber, auf die Unterschiede zwischen stark und leicht allergenen Bäumen hinzuweisen.

In der anschließenden Diskussion wies die GAL darauf hin, dass erwartet werden darf, bei der Bepflanzung einer Straße nicht ausschließlich eine einzige stark allergieauslösende Pflanze wie Hasel zu verwenden. Genau dies wurde aber in der Falkenhagener Straße getan. Darauf angesprochen verließ der Bezirksstadtrat endgültig die sachliche Ebene und erklärte polemisch, er lehne Baumfällungen aus Allergie-Gründen ab. Dies hatte aber niemand in der Diskussion auch nur ansatzweise gefordert.

Klare Ablehnung der Straßenbahn-Pläne durch Bezirksstadtrat

Deutlicher konnte der für Verkehr zuständige CDU-Bezirksstadtrat seine Abneigung gegen die Straßenbahn kaum ausdrücken. Die CDU-Fragen zu den vom Stadtentwicklungssenator vorgestellten Straßenbahnplänen, die auch eine Linie nach Spandau vorsehen, beantwortete er fast ausnahmslos mit den Worten „nein“ oder „unklar“. Eine Rückkehr der Straßenbahn ins Spandauer Stadtbild liegt offenbar jenseits der Vorstellungskraft der CDU.

Zuvor hatte Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank die Straßenbahn-Pläne in der Presse begrüßt. Auch die GAL-Fraktion sieht in den Vorschlägen einen richtigen Schritt, endlich auch wieder im Westen Berlins ein effizientes und kostengünstiges Straßenbahn-Netz aufzubauen. Schon in den auch von der CDU vorangetriebenen Plänen für die Wasserstadt war in den 1990er Jahren übrigens der Bau einer Straßenbahnlinie nach Spandau vorgesehen, aber nie verwirklicht.

Flüchtlingsheim am Fehrbelliner Tor?

Die längste Debatte der Juli-BVV entwickelte sich aus einer SPD-Anfrage zur Sportfläche am Fehrbelliner Tor. Nach dem Aus der Eisbahn wird das Sportplatzgelände nicht mehr genutzt und entwickelt sich zu einer Brache. Der für Sport zuständige Bezirksstadtrat erklärte, dass das Gelände seit 2014 von einem privaten Pächter genutzt wird, der allerdings die Erwartungen des Bezirksamtes noch nicht erfüllt habe. So sei vereinbart, dass die Fläche gepflegt und Freizeitsportangebote u.a. für Seniorinnen und Senioren geschaffen werden. Dies wurde bislang nicht umgesetzt.

Stattdessen hat der private Pächter offenbar den Antrag gestellt, einen Teil der Fläche für eine Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. Mehrere Rednerinnen und Redner betonten, dass diese Information neu sei. Die GAL-Fraktion erklärte, dass es nicht angehe, eine Sportfläche zu pachten und dann eine ganz andere Nutzung zu beantragen. Sie regte an, dass sich der Sportausschuss mit dieser Frage beschäftigen müsse. Eine Containersiedlung oder eine Traglufthalle auf dem Sportplatz ist für die GAL vollkommen inakzeptabel.

Die CDU-Fraktion zeigte sich während der Debatte zurückhaltend und sichtbar hilflos. Sie erklärte lediglich, dass der Bezirk durch die Verpachtung der Sportfläche Einnahmen erzielt und daher kein Schaden entstanden sei. Dass ein privater Pächter Geld für eine Sportfläche ohne jede Einnahmeerwartung zahlen würde, findet die CDU offenbar vollkommen normal. Etwas mehr Realitätssinn hätte man von einer Partei erwarten dürfen, die im Bezirk immerhin die Mehrheit der Bezirksamts-Mitglieder stellt.

Bezirksamt setzt BVV-Willen nicht um

Erheblichen Klärungsbedarf wird es im Jugendhilfeausschuss (JHA) zu einer Vorlage des Bezirksamtes geben. Das Bezirksamt lehnt es darin ab, eine zuständige Stelle für das beschlossene Kinder- und Jugendparlament zu schaffen. Die Mitglieder des JHA waren sich bei den Beratungen einig, dass die Aufgaben zur Schaffung eines solchen Parlaments nicht zusätzlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendamtes aufgebürdet werden können. Dennoch stellte das Bezirksamt im Haushaltsplanentwurf 2016/2017 keine entsprechende Stelle ein. Dieses Vorgehen wird auch in den anstehenden Haushaltsberatungen zur Sprache kommen.

Erstaufnahme Motardstraße muss endlich schließen

Die BVV ist sich seit Langem einig: Die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Motardstraße muss geschlossen werden. Sie entspricht nicht den Standards für eine würdige Unterbringung von Menschen in Not.

Das Bezirksamt sieht das offenbar anders. In einer Vorlage erklärte es, dass die Einrichtung aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen offen bleibt und erklärte den BVV-Beschluss für „obsolet“. Dem widersprach die GAL mit Nachdruck. Nicht einmal ein Spielplatz steht in der Motardstraße mehr zur Verfügung, zudem gibt es erhebliche Zweifel, ob die Unterbringung rechtlich dort noch zulässig ist. Für die GAL steht weiterhin fest: Die Einrichtung in der Motardstraße muss geschlossen werden.

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