BVV-Bericht Februar 2013

In der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Spandau am 27. Februar 2013 wurde der Antrag der GAL-Fraktion zur Schaffung eines Fußgängerüberweges in derKrowelstraße (Wilhelmstadt) in die Ausschüsse für Bauen und Verkehr sowie Bürgerdienste überwiesen. Angenommen wurden ein Prüfauftrag zur Aufstellung einer barrierefreienToilette am neuen Bürgerbüro in Kladow, ein Antrag zur Erstellung und jährlichen Fortschreibung einer Übersicht der Essensversorgung an Spandauer Schulen sowie ein Antrag zur Ehrung der Märzrevolutionäre von 1848.

Nachdem die CDU-Fraktion nach einer indiskutablen Äußerung eines SPD-Bezirksverordneten geschlossen die BVV verlassen hatte, wurden keine weiteren Anfragen beantwortet und alle weiteren Tagesordnungspunkte vertagt. Dabei hatte die Sitzung mit einer fraktionsübergreifend abgestimmten Resolution begonnen.

Resolution zum gewalttätigen Überfall im Bereich Heerstraße Nord

Im Februar wurde ein junger Mann mit Behinderung an einer Bushaltestelle am Magistratsweg überfallen und zusammengeschlagen. Nur dank des Eingreifens von Passantinnen und Passanten ließ der Täter von seinem Opfer ab. In der von allen Fraktionen sowie dem Einzelverordneten der Linken getragenen Resolution verurteilte die BVV den Übergriff und dankte denjenigen, die Zivilcourage gezeigt und eingegriffen haben. Der genaue Wortlaut ist auf den Internetseiten der BVV unter spandau.de mit der Drucksachennummer 0600/XIX hinterlegt. Die Initiative für die Resolution ging von der Vorsitzenden des Behindertenbeirats aus und wurde von der CDU-Fraktion aufgegriffen.

Der Vorfall hat im Bezirk eine Diskussion über die Sicherheit im Bereich der Heerstraße Nord ausgelöst. Noch bis zum 25. März 2013 steht ein Sorgentelefon des Bezirksamtes als direkte Anlaufstelle für Anwohnerinnen und Anwohner bereit.

Spandau gedenkt Märzrevolutionären von 1848

Das Bezirksamt wird sich in diesem Jahr erstmalig mit einem Kranz an der alljährlichen Gedenkfeier für die Märzgefallenen am 18. März vor dem Brandenburger Tor beteiligen. Einstimmig wurde auch die zweite Gedenk-Initiative der GAL-Fraktion von der BVV verabschiedet. Das Bezirksamt wird am 19. März, also einen Tag später, eine Pressemitteilung veröffentlichen und die Spandauer Flagge vor dem Rathaus hissen. Damit gedenkt der Bezirk erstmalig den über 500 Märzkämpfern, die in Berlin inhaftiert und am frühen Morgen des 19. März 1848 auf die Zitadelle Spandau getrieben wurden. Den Berichten von Betroffenen ist zu entnehmen, dass sie Spandau am ehemaligen Potsdamer Tor betraten und durch die Altstadt zur Zitadelle gelangten. Das Potsdamer Tor befand sich in Höhe des heutigen Rathaus-Haupteinganges. Auf ihrem Fußmarsch von Berlin nach Spandau wurden die Gefangenen vom preußischen Militär und teilweise auch von Bürgerinnen und Bürgern misshandelt.

Nahezu zeitgleich traf übrigens der preußische Kronprinz und spätere erste deutsche Kaiser Wilhelm in Spandau ein. Auf Anraten seines Vaters, der sich vor den Särgen der Märzgefallenen verneigen musste, floh Wilhelm für einige Monate nach London. Unter falschem Namen übernachtete er am 19. März 1848 in einem Gasthaus, das auf dem Gelände des zurzeit leerstehenden Hauses der Gesundheit neben der Stadtbücherei stand. Zeitgleich zur Entlassung der gefangenen Märzkämpfer am Morgen des 20. März 1848 bestieg der Kronprinz in Pichelsdorf ein Boot, das ihn auf der Havel nach Potsdam brachte. Von dort reiste er weiter nach England.

GAL-Fraktion lehnt Piraten-Anträge als nicht zielführend ab

Zwei Anträge der Piraten-Fraktion wurden direkt in der BVV diskutiert und von der Mehrheit jeweils abgelehnt. Im ersten Antrag forderten die Piraten, dass das Bezirksamt künftig auf Arbeitstreffen mit den Fraktionen verzichten soll. Diese wurden von den Piraten als „nicht transparente und undokumentierte Geheimrunden“ bezeichnet.

Solche nichtöffentlichen Treffen finden unregelmäßig themenbezogen statt und sind ein bewährter Bestandteil der Kommunalpolitik. In den vergangenen Monaten gab es u. a. Gespräche zu den Themen Rieselfelder und Aufgabe von bezirklichen Liegenschaften. Die GAL-Fraktion machte in der Debatte deutlich, dass sie die im Antrag unterstellten „Geheimgremien“ nicht kenne. Sie dienen der Vorbereitung von Entscheidungen in den politischen Gremien, zum Teil unter Einbeziehung direkt Betroffener. Die Aussprache und abschließende Entscheidung findet öffentlich in den Ausschüssen und der BVV statt. Vertreter anderer Fraktionen wiesen darauf hin, dass der gelegentliche interfraktionelle Austausch mit dem Bezirksamt ohne Öffentlichkeit sinnvoll sein kann und in der Regel auch von Piraten wahrgenommen wird. Der Antrag wurde mit Ausnahme der antragstellenden Fraktion von allen anderen Bezirksverordneten abgelehnt.

Ähnlich erging es dem Antrag, Unterlagen aus dem BVV-Büro künftig nur noch per E-Mail zu versenden. Begründet wurde er u. a. damit, dass zur Antwort auf eine GAL-Anfrage zum Brandschutz an Spandaus Schulen ein über 400 Seiten dickes Dokument beigelegt wurde. Dadurch erhielten die Fraktionen und der Einzelverordnete der Linken je ein Exemplar aller Brandschutzprotokolle der vergangenen Jahre.

Die GAL-Fraktion begründete ihre Ablehnung damit, dass schon heute ein Nebeneinander von digitalem und postalischem Versand besteht. Jede/r Bezirksverordnete kann frei entscheiden, was sie oder er bevorzugt. Bei der Frage, ob der Antrag im Fachausschuss diskutiert werden soll, stimmte die GAL uneinheitlich ab. Ein GAL-Verordneter sprach sich dafür aus, alle anderen waren dagegen. Bei der abschließenden Abstimmung wurde auch dieser Antrag mit Ausnahme der antragstellenden Fraktion von allen anderen Bezirksverordneten abgelehnt.

Dringlichkeitsanfrage der GAL zu den „Meilenwerk“-Plänen auf Eiswerder

Die Veröffentlichung der „Meilenwerk“-Investitionspläne am 22. Februar 2013 war für die Spandauerinnen und Spandauer eine Überraschung. Doch seit wann war das Bezirksamt eingeweiht? Nach Aussagen des zuständigen Baustadtrates fand erst am 14. Februar 2013 ein erstes Gespräch statt. Bei der Pressekonferenz des Investors am 21. Februar war er als Gast geladen, so Bezirksstadtrat Carsten Röding (CDU). Für Eiswerder und Spandau seien die Planungen ein „Glücksfall“, auch wenn Einzelvorhaben wie die geplante Marina am südlichen Ufer „noch nicht spruchreif“ seien und auf Vereinbarkeit mit dem Bebauungsplan geprüft werden müssen. Die öffentliche Zugänglichkeit bleibe erhalten, mehr Autoverkehr sei auf der Insel nicht zu erwarten.

Während die CDU- und ein Teil der SPD-Fraktion ihre Unterstützung und Freude über das Projekt äußerten, warnte die GAL-Fraktion vor allzu großer Euphorie. In den letzten zwanzig Jahren hat sich Eiswerder stark verändert und ist zu einem Zentrum der Spandauer Kreativwirtschaft geworden. Das „Meilenwerk-Projekt“ würde wie ein Fremdkörper aufgesetzt und bestehende Strukturen verdrängen. Unklar sei, wie der Bezirksstadtrat ein Projekt als „Glücksfall“ bezeichnen könne, welches ihm erst seit weniger als zwei Wochen bekannt sei.

Die GAL-Fraktion hat nach der BVV eine Presseinformation zu den Plänen auf Eiswerder veröffentlicht, die auf der Fraktionsseite unter alspandau.de hinterlegt ist.

CDU-Fraktion verlässt Saal nach Bürgerbüro-Anfrage

Eine Dringlichkeitsanfrage der CDU-Fraktion zum Bürgerbüro in Kladow führte zu einer hitzig geführten Debatte, an deren Ende die CDU-Fraktion geschlossen die BVV verließ. Anlass für die Anfrage war die nicht vorhandene Barrierefreiheit der Toiletten im Jugendfreizeitheim Kladow, Parnemannweg 22. Dort bezieht das Bürgerbüro Kladow seine Räumlichkeiten. Allerdings sind die Toiletten in der Vergangenheit nie barrierefrei umgebaut worden, was für sich genommen einen Skandal darstellt. Jugendliche, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, sind de facto von der Nutzung des Jugendfreizeitheims ausgeschlossen.

Als Alternativ-“Örtchen“ für Rollstuhlnutzerinnen und -nutzer empfahl Bezirksstadtrat Stephan Machulik (SPD) die Toilette der Stadtbücherei Kladow, die angeblich barrierefrei sei. An dieser Stelle warf die CDU-Fraktion ihm vor, nicht zu wissen, wovon er rede. Die Toiletten der Kladower Bücherei sind ebenfalls nicht barrierefrei. Bestätigt wurde dies wenig später durch einen Bericht der rbb-Abendschau, in dem die Stufen vor dem WC eindeutig erkennbar waren.

Die Empörung der CDU-Fraktion war inszeniert. Einerseits fordert sie weitere Einsparungen im Bezirk, andererseits wünscht sie, dass Dienstleistungen des Bürgeramts auch in Kladow angeboten werden. Dennoch tut sie alles, um die Eröffnung des Bürgerbüros zu verzögern. Zunächst erhob sie die Vorwürfe, die Umbauten am Parnemannweg erfolgten angeblich ohne Baugenehmigung, jetzt mussten die Toiletten herhalten. Dabei erfolgte die Entscheidung, die Toiletten umgehend nach der Eröffnung des Bürgerbüros barrierefreiumzubauen, mit Zustimmung des bezirklichen Behindertenbeauftragten.

Ein SPD-Bezirksverordneter warf der CDU daraufhin vor, dass sie mit ihren Angriffen den Stadtrat in ein schlechtes Licht stellen wolle. Es gehe der CDU nicht um die Sache. In diesem Zusammenhang fiel die indiskutable Formulierung, die zunächst zu einer Sitzung des Ältestenrates führte. Der Aufforderung, sich zu entschuldigen, kam der SPD-Verordnete nicht in angemessener Form nach. Die CDU-Fraktion verließ die BVV.

Die Beantwortung der Anfragen sowie die weiteren Tagesordnungspunkte wurden daraufhin vertagt. Die Spandauer Februar-BVV endete früher als erwartet.

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