BVV-Bericht Februar 2016

Je näher der Wahltag rückt, desto unberechenbarer werden die Mehrheitsverhältnisse in der Spandauer BVV. Die Sitzung am 24. Februar 2016 zeigte dies besonders deutlich: Der Einzelverordnete der Linken unterstützt einen Antrag der CDU, diese applaudiert ihm nach einem Redebeitrag und spart auch nicht mit Beifallsbekundungen für die Äußerungen eines ehemaligen Verordneten der SPD-Fraktion. Vor wenigen Monaten war das noch undenkbar.

Doch die Abwesenheit mehrerer sozialdemokratischer Verordneter führte leider zu Abstimmungsergebnissen, die aus Sicht der GAL noch nicht überschaubare negative Folgen für den Bezirk haben werden. Aufgrund zweier Unterbrechungen und Sitzungen des Ältestenrates konnten lediglich Dringlichkeitsanfragen beantwortet werden. Die „normalen“ Anfragen werden in den kommenden Wochen schriftlich vom Bezirksamt beantwortet.

Aber es gab in der BVV auch Lichtblicke.

Mehrere GAL-Anträge angenommen

Die positiven Ergebnisse der Februar-BVV: Vier Anträge der GAL-Fraktion wurden direkt angenommen: Das Bezirksamt wird jetzt jedes Jahr am 27. Januar dafür sorgen, dass der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus würdig begangen wird, um an die Spandauer Opfer zu erinnern. Im Januar einigte sich die BVV leider nicht auf eine gemeinsame Gedenkminute, obwohl die BVV genau am 27. Januar tagte. Es hieß, die CDU-Fraktion sei dagegen gewesen, da der Gedenktag keinen Spandau-Bezug habe. Diese Ansicht wurde damals vom Bezirksbürgermeister widerlegt: Er verlas die Namen von 24 jüdischen Spandauerinnen und Spandauern, von 124 deportierten Menschen aus Spandau, die im Dritten Reich ermordet wurden. Die Verordneten von GAL und SPD erhoben sich selbstverständlich umgehend von ihren Plätzen, die der CDU erst nach einigem Zögern und unter Murren/Protest einiger Mitglieder im Saal.

Bemerkenswert ist, dass die Initiative der GAL von allen Fraktionen und Einzelverordneten unterstützt wurde, auch von der CDU-Fraktion. Künftig wird der 27. Januar ein fester Termin im Kalender des Bezirksamtes sein, an dem den Spandauer Opfern des Nationalsozialismus gedacht wird.

Auch das Thema Tierschutz entwickelt sich in Spandau weiter. Das Bezirksamt wird nun die Möglichkeiten prüfen, Zirkusbetrieben den Auftritt im Bezirk zu verweigern, wenn sie Wildtiere halten. Ein ähnlicher Beschluss wurde wenige Tage zuvor auch von der BVV Steglitz-Zehlendorf verabschiedet. Der GAL-Antrag wurde einstimmig angenommen.

Darüber hinaus hat das Bezirksamt den Auftrag erhalten, ein Konzept zur Reduzierung des Plastiktütenverbrauchs in Spandau zu erstellen. Dabei soll auch auf Erfahrungen eines ähnlichen Projektes des Havelländischen Land- und Bauernmarktes zurückgegriffen werden. Auch dieser Antrag der GAL wurde von allen anderen Fraktionen und Einzelverordneten unterstützt. Schlussendlich wird im Bezirk auf Initiative der GAL eine Ausstellung zum Thema Stammzellen-Spenden gezeigt werden. Sie soll Bürgerinnen und Bürger für das Thema sensibilisieren und zeigen, wie jede/r durch die Spende von Stammzellen das Leben Anderer retten kann.

Abschluss von Schulsanierungen im Frühjahr

Die neue Mensa des Kant-Gymnasiums soll voraussichtlich im März dieses Jahres in Betrieb genommen werden. Dies teilte Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank auf eine mündliche Anfrage hin mit. Die für August 2015 geplante Fertigstellung hatte sich verzögert, da in Trinkwasserproben Keime und Blei festgestellt wurden. Durch den Austausch der Armaturen soll dieses Problem beseitigt werden.

Wahrscheinlich im April wird die Sanierung der Turnhalle der Konkordia-Grundschule abgeschlossen sein. Auch hier gab es Verzögerungen u. a. durch das Nichterscheinen der Bauarbeiter auf der Baustelle. Juristische Konsequenzen wurden vom Bezirksamt geprüft, erklärte der Bezirksbürgermeister.

CDU, Piraten und Linke wollen Schulbesuch junger Flüchtlinge einschränken

Eine längere Debatte entwickelte sich wie erwartet zu einem Antrag der CDU-Fraktion, der das Ziel hat, grundschulpflichtige Flüchtlinge insbesondere in Siemensstadt nicht mehr in den Grundschulen, sondern in den

Flüchtlingsunterkünften zu beschulen.

Trotz des von den Piraten eingebrachten Zusatzes, dass die Beschulung dort nur „notfalls“ erfolgen soll, haben GAL und SPD diesen Vorstoß aus guten Gründen abgelehnt. Die GAL begründete ihre Ablehnung damit, dass Flüchtlingskinder ein Recht auf inklusive Beschulung in einer Grundschule haben. Nur so kann die Integration der Kinder Erfolg haben. Völlig unklar ist aus Sicht der GAL u. a., wie die Kinder bei einer Beschulung außerhalb der Grundschulen in die Regelklassen integriert werden sollen.

Dennoch überzeugte die CDU-Fraktion mit ihrer „Die-Schulen-sind-voll“-Argumentation genügend andere Verordnete. So setzte sich die bizarre Mehrheit  aus CDU, Piraten und Linken durch.

Für die konsequente Trennung von Staat und Kirche

Im Mai 2017 findet in Berlin und Wittenberg der Deutsche Evangelische Kirchentag statt. Gegen die Stimmen von GAL und dem Einzelverordneten der Linken beschloss die BVV mehrheitlich, bezirkseigene Gebäude als Unterkünfte kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Die Auswirkungen dieser indirekten Subventionierung insbesondere auf das Hotelgewerbe wollte die GAL im Wirtschaftsausschuss diskutieren. Sie begründete dies damit, dass Besucherinnen und Besucher eines Kirchentages genauso behandelt werden müssen wie z. B. die eines Rockkonzertes.

Die Mehrheit der BVV hatte kein Interesse an einer Debatte im Fachausschuss und lehnte die Überweisung mehrheitlich ab. Danach wurde der Antrag der CDU-Fraktion angenommen.

CDU und Piraten übergehen Haushaltsausschuss

Dank der Einführung der vom Senat finanzierten Jugendberufsagenturen an den weiterführenden Schulen des Bezirks konnte im Bezirkshaushalt 2016/2017 auf die Finanzierung des Projektes „Vorfahrt für Spandauer Schüler“ verzichtet werden. Dadurch konnten 200.000 Euro u. a. für Grünflächen, die Volkshochschule und Musikschule sowie den Ausbau der Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur zusätzlich bereit gestellt werden. Der Haushaltsbeschluss wurde mit den Stimmen der CDU-Fraktion gefasst – jetzt, wenige Monate danach, will sie offenbar nichts mehr davon wissen.

Sie beantragte die Fortsetzung des Vorfahrt-Projekts und setzte diesen verantwortungslosen Antrag mit Hilfe der Piraten-Fraktion durch. Die Überweisung in den Haushaltsausschuss wurde zuvor mehrheitlich abgelehnt. Sollte das Übergehen des Haushaltsausschusses rechtlich unanfechtbar sein, wird es an 5 Spandauer Oberschulen künftig zwei Angebote zur Berufsfindung geben. Gespannt dürfen die Spandauerinnen und Spandauer darauf sein, an welchen Stellen Einschränkungen hinzunehmen sind, um diese Doppelstruktur zu finanzieren.

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