Der Bezirkshaushalt, die aktuelle Flüchtlingssituation und das zähe Ringen um die Wochenendsiedlung Hakenfelde bestimmten die September-Sitzung der Spandauer BVV. Es war die erste ohne Angelika und der Vorsteher der BVV fand gute, angemessene Worte zu ihrem jahrzehntelangen Engagement für die Spandauerinnen und Spandauer. Intensiv gestritten wurde über zwei Dringlichkeitsanträge der GAL zum Thema Flüchtlingspolitik.
Rot-Grüner Bezirksdoppelhaushalt 2016/17 beschlossen
Ohne Gegenstimmen wurde der von der rot-grünen Zählgemeinschaft eingebrachte Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre beschlossen. Rot-grün verstärkte die vom Bezirksamt vorgeschlagenen Titel u. a. im Bereich der Grünanlagen (plus 300.000 Euro im Jahr 2016), der Straßenlandunterhaltung, der Musik- und der Volkshochschule. So sollen von einer zusätzlichen Million Euro für den Unterhalt der Straßen 300.000 für den Ausbau der Infrastruktur von Rad- und Fußverkehr verwendet werden. Deutliche Verbesserungen gab es auch gegenüber CDU-Vorschlag für die Mittel zur Hilfen zur Erziehung (HzE): Ambulant-präventive Angebote werden nach den Vorstellungen von GAL und SPD gegenüber den stationären Unterbringungsmöglichkeiten gestärkt.
Ein neues inklusives Angebot soll bereits im kommenden Jahr geschaffen werden: Das Bezirksamt erhält eine/n Gebärdendolmetscher/in, deren/dessen Arbeitsschwerpunkt im Bürgeramt liegen soll. Darüber hinaus wurden weitere Bürger/innen-Vorschläge berücksichtigt. Der Blindenrundwanderweg in Hakenfelde wird im kommenden Jahr für 40.000 Euro saniert, das Stadttauben-Management wird finanziell gestärkt und die Seniorenvertretung soll im Rathaus einen größeren Raum erhalten. Das bisher von einem freien Träger angebotene Programm „Vorfahrt für Spandauer Schüler“ wird künftig nicht mehr finanziert, da die vom Berliner Senat geförderte Jugendberufsagentur ab 1. Oktober 2015 an den weiterführenden Schulen spandauweit an den Start gehen wird.
Keine Einigung über Nauen-Resolution
Nach dem Brandanschlag auf eine für Flüchtlinge vorgesehene Turnhalle in Spandaus Partnerstadt Nauen hatte die GAL-Fraktion vorgeschlagen, eine von allen Fraktionen getragene Resolution in der BVV verlesen zu lassen. Eine Einigung auf einen von allen getragenen Text war jedoch nicht möglich. Die GAL wies den weichgespülten Textvorschlag der CDU zurück und brachte den Ursprungstext stattdessen gemeinsam mit der SPD als Dringlichkeitsantrag ein. Bei den Beratungen hat sich erneut gezeigt, dass sich die Haltung der Spandauer Christdemokraten zur Flüchtlingssituation nicht mit denen der progressiven Kräfte im Bezirk vereinbaren lässt. Dies zeigte sich genauso deutlich bei dem Dringlichkeitsantrag, Kinder nicht mehr durch die Polizei aus Schulen zur Abschiebung abholen zu lassen.
Zu Beginn der Debatte erklärte die GAL, keine allgemeine Debatte über Abschiebungen anstoßen zu wollen. Es geht ausschließlich darum, zu vermeiden, dass Polizei während des Unterrichts Kinder aus Klassenzimmern mit dem Ziel der Abschiebung herausnimmt, so wie auch in Spandau bereits geschehen. Dennoch eröffnete die CDU-Fraktion eine Grundsatzdebatte über Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber/innen. Sie lehnte den GAL-SPD-Antrag vehement ab, was nichts daran änderte, dass er mit den Stimmen von GAL, SPD, Piraten und Linken mit großer Mehrheit angenommen wurde.
Bürger/innen-Proteste zur Wochenendsiedlung Hakenfelde
Den Pächter/innen und Pächtern dauert es zu lange: Neue Verträge zur Wochenendsiedlung Hakenfelde sollten ihrer Meinung nach längst vorliegen. Vor der Sitzung der BVV gab es daher eine Demonstration an der Ellipse, an der rund 100 Bürger/innen teilnahmen. Ein Großteil besuchte danach die BVV, um die Antwort des Bezirksbürgermeisters auf eine Einwohneranfrage einer Betroffenen zu hören.
Sie wurden enttäuscht. Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank lehnte es ab, über namentlich genannte Einzelfälle öffentlich Auskunft zu geben. Er erklärte, dass er allen Pächter/innen und Pächtern persönliche Einzelgespräche angeboten habe. Jede Vertragssituation sei individuell zu betrachten. Seine Aussagen wurden mit einem gellenden Pfeifkonzert, Flugblättern und Transparenten beantwortet. Die Sitzung der BVV wurde für wenige Minuten unterbrochen, bis die Demonstranten/innen das Rathaus verlassen hatten.